Wir sollten feiern und den Neujahresbeginn genießen indem wir Raketen abfeuern und den Sekt eingießen.
Ich befinde mich in meinem Auto auf einer Brücke über der Autobahn. Es ist finster, einzig die Scheinwerfer der vereinzelten Fahrzeuge lassen den Nebel für ein paar Sekunden in Sicht treten und die roten Blutspuren auf meinem Arm aufleuchten. Spüre keine Schmerzen, habe keinen Grund um mich selbst zu verletzen, doch der Reiz ist gegeben. Ich öffne die Fahrertür. Der kalte Wind weht meine offen gelockten Haare aus meinem Gesicht. Kaum sehe ich meine eigene Hand vor Augen, doch das Gelände der Brücke bleibt mir nicht verborgen. Ich sehe nach unten, dem Abgrund entgegen, die Gedanken spielen verrückt, doch die Angst ist nicht übergreifend. Keine Sterne zeichnen den Himmel, den Mond nehme ich bloß verschwommen wahr. Es scheint, die Tabletten beginnen zu wirken. Es strengt an die Augen offen zu halten und innerlich schreitet die trockene Leere voran. Wünschte, Tränen würden fließen, doch der Ansatz fehlt und mein Gesicht zeichnet den Antrieb der Ausdruckslosigkeit. Sitzend auf dem Fahrersitz richtet sich der Blick nun in Richtung der rot-leuchtenden Uhr in der Radioanzeige. Verschwommen nehme ich die Uhrzeit 03:36 wahr und werde in der darauf folgenden Sekunde von zwei grellen Lichtern der Scheinwerfer eines mir entgegenkommenden Autos geblendet. Das Fernlicht wird angeschaltet, noch weniger kann ich die Umrisse des Fahrzeuges erkennen, kneife beide Augen zusammen und sehe eine junge Frau mit einem jungen Mann in Uniform aussteigen nachdem sie direkt vor mir halten. Während der Herr mir irgendetwas versucht zu sagen, lausche ich den Worten der Dame im Hintergrund, die in ihr Funkgerät spricht. "Wir haben sie gefunden, der Notarzt müsste gleich vor Ort sein." Mir kommt es vor wie eine Ewigkeit. Der Polizist durchsucht mein Auto. Von vorne, bis hinten, rückt alle sitze weit zurück und leuchtet mit seiner Taschenlampe in meine Handtasche. Starr stehe ich neben seiner Kollegin, die mich am linken Arm festhält und mir mit ihrem Griff Schmerzen aufgrund der Schnitte zufügt. Gemeinsam laufen wir zum Polizeiwagen und ich setze mich auf die Rückbank. Nach einigen Minuten wird mein Auto abgeschlossen und wir fahren mit Blaulicht über einen Feldweg dem Krankenwagen und Notarzt entgegen, die anscheinend die Brücke nicht finden auf der ich mich befand. Angekommen, möchte ich die Türe öffnen, doch sie ist mit der Kindersicherung verschlossen und so warte ich, bis mir die Polizistin sie von außen öffnet. Ich laufe weg, doch spüre in der nächsten Sekunde den festen Handgriff an meinem Arm und werde in den Rettungswagen gezerrt.
Ich wache in einem Bett mit Gittern auf, mit Kabeln an meinem Körper und bloß ein Tuch über meinem BH auf der Brust liegend. Versuche mein Handy in die Hand zu nehmen, doch fällt es mir direkt runter. Ich habe keine Kraft in mir, einen trockenen Mund, ein Dröhnen in meinem Kopf und einen richterlichen Beschluss von vier Wochen auf der geschlossenen Station der Psychiatrie.
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