25 April 2014

Vor einigen Tagen habe ich mir ein Tagebuch gekauft. Es war eine Art Geschenk von meiner Mutter. Handgemacht, in der Farbe beige mit einem wunderschönen Schriftaufzug, welcher von zwei Vögeln umzingelt ist und einem goldenen Schloss, zudem ich den passenden Schlüssel mit einem roten Aufhängerchen an meiner Halskette trage. Der Rücken wird von einer weißen Borte mit bunten Blumenranken verziert, die per Hand mit einem goldenen Faden angenäht wurde. Auf einigen Seiten innerhalb diesem Buches stehen am unteren Rand Lebensweisheiten. Sie berühren mich auf ein jedes Mal, sobald ich sie mir ansehe und ich versuche den Hintergrund dieser Sprüche an mich heran zu lassen. Es liegt auf dem kleinen Tisch neben meinem Bett und wartet darauf, beschrieben zu werden. Denn bisher fehlte mir der Mut. Mir fehlte der Mut einen Stift in die Hand zu nehmen und meine Gedanken aus dem tiefsten Inneren die Erlaubnis zur Flucht zu befürworten. Ich habe Angst, einen Rechtschreibfehler einzubauen und ihn nicht ausradieren zu können, wie ich es auf meiner Tastatur innerhalb weniger Sekunden tun könnte. Ich habe Angst, einen Satz niederzuschreiben und ihn im Anschluss eventuell zu bereuen. Denn ich bin einer der Menschen, die in der deutschen Sprache nach Perfektion sucht. Welchen Kugelschreiber sollte ich benutzen? Welchen Schriftstil sollte ich mir zu diesem Anlass aneignen, sodass ich das Buch auf ewig lieben werde? Welche Arten es zu lieben stehen zur Auswahl? Ich habe die Befürchtung einen Fehler begangen zu haben. Seit drei Tagen sitze ich überwiegend in meinem Bett und sehe mir Serien an. Mein Blick verirrt sich immer wieder in die Richtung des Tagebuches. Es erscheint mir, als habe es einen unfassbaren Wert und bringt solch viel Kraft in meine Gedanken, dass es mich abschreckt. Mein Lebenlang versuchte ich Bücher zu schreiben. Ich habe versucht, jeden einzelnen Tag meiner Kindheit festzuhalten. Ich scheiterte, sobald ich den falschen Buchstaben in einem richtigen Wort des komplizierten Satzes gefunden habe und voller Wut die Seite herausriss. Doch immer wieder sage ich mir: 'Es sind die Fehler, die den Menschen liebenswert machen.'. Ich reiße mich zusammen. Ich nehme mir die Halskette ab, öffne das Schloss. Ich greife nach einem besonders schönen Stift in meinem Mäppchen, welches sich in meiner orangefarbenen Tasche befindet und beginne zu schreiben. Dear Grandma...