Durch den bekannten Wald unserer ehemaligen Reitstrecke laufe ich mit zwei Freundinnen. Nach vielen Minuten, beinahe einer ganzen Stunde, gelangen wir an eine uns bisher fremde Stelle der Strecke. Vor unseren Augen taucht Gestrüpp und Dunkelheit auf. Die klare Luft wandelt sich in düsteren Nebel voll grau und eisiger Nässe die sich in meinen Haaren verhängt. Die Angst vor dem Ungewissen, welches vor unseren Blicken liegt, hält inne und lässt uns einen gewissen Abstand gewinnen. Hand in Hand entscheiden wir uns in Richtung 'Ausgang' der Finsternis zu schreiten und gelangen auf einen gepflasterten Pfad. Noch immer umgeben vom beängstigten Nebel beginnen unsere Füße zu laufen. Schneller als der normale Schritt, dennoch kein Rennen. Plötzlich stehen die Beine still, kann sie nicht bewegen und habe das Gespür in ihnen verloren. Ich bin alleine, versuche all dem Grau um mich herum in Gedanken zu entfliehen. Achtsames Hören rede ich mir ein, ich versuche die Geräusche zu intensivieren. Mein Blick wandert in Zeitlupe entgegen des Waldes, der sich nun auf der linken Seite des Weges befindet. Der grelle Schrei eines Mädchens lässt mich aufschrecken und innerlich zucken, ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Fange an zu fliehen, die Schreie werden lauter, grauenvoller, Todesangst begleitet das junge Mädchen. Ein solches Weinen habe ich zuvor nie gehört, nie wahrgenommen. Das Schluchzen des wahrhaftigen Bedrängnis und die Tränen der Verzweiflung. Trotz des gelähmten Gefühls in meinem Körper bewege ich mich fort. Zwei kleinere Jungs stehen am Wegesrand auf der rechten Seite und starren mit ängstlichen Blicken in Richtung des Waldes. Strecke ihnen meine Hände entgegen und versuche sie zu beruhigen. Keine Worte können ihren Schmerz der Angst ihrer Schwester gegenüber beschreiben. Kurz vor dem kleinen Dorf mit ca. vier-bis fünfhundert Einwohner gelangen wir an eine mir bekannte Kreuzung. Der Nebel lässt nach, trotzallem fühlt sich die Luft erstickend an. Wähle in Eile die Polizeinotrufnummer und beginne mit den Worten: "Bitte helfen Sie mir!". Doch meine Erzählung von dem jungen Mädchen und ihre noch jüngeren Brüdern wird als Rollenspiel einer beinah perfekten Schauspielerin nieder geredet und lässt innerliche Unsicherheit in mir aufblühen. Öffne mit Schrecken die Augen, das Erstarrte und Gelähmte Gefühl der Gedanken an das unbekannte Mädchen begleitet mich über den Rest des Tages hinaus.